Kath. Wallfahrtskirche Heiligkreuz
Kreuzkirchl
Pill (Unterinntal), Tirol, Bezirk Schwaz, Österreich
1764-1766
Architektur (Entwürfe): Franz de Paula Penz (1707-1772)Bauleitung: Johann Michael Umhaus(er) (um 1710-1784; zugeschrieben)Deckenfresken: Christoph Anton Mayr (um 1720-1771)Bildhauerarbeiten: Gregor Fritz (1693-1774; zugeschrieben)
Sakralbau (Wallfahrtskirche)
Kurat Bernhard Kiechl
Die Verehrung des hl. Kreuzes von Pill geht auf ein Ereignis im Spanischen Erbfolgekrieg zurück, als bayerische Truppen in Tirol eingerückt waren. Bei den Kämpfen wurde die Zirler Innbrücke am 25. Juli 1703 abgebrannt, wobei das Brückenkreuz in den Inn fiel. Unterhalb von Pill, beim Heiligkreuzstollen, wurde es unversehrt geborgen. Bald galt das Kreuz als wundertätig und wurde in einer provisorischen Holzkapelle aufgestellt. Die zunehmende Wallfahrt veranlasste den Kurat Bernhard Kiechl 1764 zum Bau einer gemauerten Kirche, die am 25. Juli 1766 vom Brixener Bischof Leopold Graf Spaur eingeweiht werden konnte. Anlässlich der letzten Renovierung 1981-85 wurde der Bau um fünf Meter von der vorbeiführenden Bundesstrasse zurückversetzt.
Das zurückhaltende Äußere der Kirche mit einem Schweifgiebel an der Frontseite verrät wenig vom Reichtum des Inneren, jedoch wird hier bereits die Baugestalt ablesbar, ein Kreuz mit zentraler Kuppelvierung und drei gleich gestalteten Armen, deren Ecken ausgerundet sind, ergänzt durch einen weiteren Kreuzarm, ein queroblonge Eingangshalle im Norden. Im Inneren beherrschen die nach römischem Muster mit abgeschrägten Pilasterpfeilern angelegte Vierung und die darüber aufragende Kuppel mit großer Laterne den Raumeindruck. Die symbolische Form des Kreuzes prägt die Baugestalt und wird in ihrer ikonologischen Bedeutung als Zeichen des Heils im Freskenzyklus Christoph Anton Mayrs auch zur bildlichen Anschauung gebracht.
View Short DescriptionDer einzige echte Zentralbau des großen Tiroler Kirchenbaumeisters Franz de Paula Penz wurde über der Grundform eines griechischen Kreuzes errichtet, die das hier verehrte Kruzifix symbolisiert. Das Innere dominiert die Kuppelvierung mit den Hauptszenen der in kräftigen Farben gehaltenen Ausmalung zur Kreuzeslegende. So ergibt sich eine überschaubare Einheit von Aussage und Form, wie sie gerade für kleinere Zentralbauten im Spätbarock typisch ist und hier in besonders hohem Grad erreicht wird.
Portal mit Jahreszahl 1764, Fresken bezeichnet 1767; Archivalien
Äußeres von Norden
1764
Franz de Paula Penz; Christoph Anton Mayr.
Die in landschaftlich reizvoller Umgebung nahe dem Inn gelegene Kirche ist nur durch einen Dachreiter über dem Chor und den geschweiften Giebel an der Fassadenfront besonders ausgezeichnet, dazu die Laterne mit Zwiebelhaube über der Vierung. Das Portal aus rotem Marmor trägt die Jahreszahl 1764.
Inneres nach Süden (gegen den Chor)
1764-1766
Franz de Paula Penz; Christoph Anton Mayr.
Der innere Gesamteindruck der Kreuzkirche, deren Baugestalt eigentlich nur aus einem überkuppelten Vierungsquadrat mit abgeschrägten Pfeilern und anschließenden tonnengewölbten Kreuzarmen besteht, wirkt im Prospekt erstaunlich reich. Der von Penz entworfene simple, aber gut proportionierte Raum wird durch die Malerei, die auch das gesamte Rahmenwerk mit Stuck illusioniert, derart vielfältig und reizvoll gegliedert, dass die Einfachheit der Bauidee in ganz den Hintergrund tritt. Architektur und Malerei verschmelzen so zu einer Einheit, bei der sich die Mannigfaltigkeit von Bild und Ornament in die klare Struktur des architektonischen Systems einfügt.
Chor (südlicher Kreuzarm)
Um 1766
Gregor Fritz?
Der Hochaltar vor der Chorwand im südlichen Kreuzarm mit Säulengliederung in buntfarbigem Stuckmarmor und weiß gefasstem Figurenschmuck ist das Werk eines unbekannten Meisters (die Bildhauerarbeiten werden Gregor Fritz zugeschrieben). Anstelle eines Altarbilds ist hier das verehrte Gnadenbild-Kruzifix eingesetzt, ein Werk des 17. Jahrhunderts.
Vierungskuppel
1767 (bezeichnet)
Christoph Anton Mayr
In der Vierungskuppel bilden die Fresken ein Gliederungssystem, das sich in die reale Architektur einfügt und sie zugleich überhöht. Freistehende Säulen scheinen eine Art Gewölbe zu tragen, das den Fuß der Laterne umschließt. Zwischen den Säulen erscheint in jeder der vier Achsenrichtungen eine der zentralen Szenen der Kreuzeslegende, die „eherne Schlange“ sowie Auffindung, Erhöhung und Verehrung des Kreuzes durch die Märtyrer. Diese Fresken zählen zu den bedeutendsten Werken Mayrs.
Walch, O., Die Kreuzkirche in Pill/Tirol. Innsbruck 1988
Bruckmann, E., Verschiebung der Kreuzkirche in Pill, Tirol, in: architektur aktuell, Jg. 16 1982, Nr.88
Bayer, K., Franz de Paula Penz, Wien 1991, S. 66
Frank Purrmann "Kath. Wallfahrtskirche Heiligkreuz" in "Discover Baroque Art", Museum With No Frontiers, 2024. https://baroqueart.museumwnf.org/database_item.php?id=monument;BAR;at;Mon11;23;de
Autor: Frank Purrmann
MWNF Arbeitsnummer: AT 23